
„Es hat gelebt, geamtet so wie wir, Pelz ist ein Stück ermordetes Tier.“ Eine klassische der vielen Parolen, die auf der diesjährigen Demo Frankfurt-Pelzfrei gerufen wurden. Rund 600 TeilnehmerInnen hatten sich nach unseren Schätzungen letzten Samstag auf der größten Antispe-Demo im deutschsprachigen Raum versammelt. Das sind zwar weniger als im letzten Jahr, als ca. 1000 Menschen gegen die Pelzindustrie demonstrierten, aber wie in jedem Jahr fand sich auch in diesem vor allem der politische Antispe-Flügel der Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung auf der Demo ein, was wohl in erster Linie auf die Mobilisierung zu einem „Total Liberation Black Block“ (TLBB) durch die Vegane Antifa Süd (VAS) und dem Antifaschistischen Tierbefreiungskollektiv Aachen (Atiko) zurückzuführen ist, die unter dem Motto „Gegen Pelzhandel, Herrschaft und Ausbeutung!“ zu einem schwarzen Block auf der Demo aufgerufen hatten. Auch wenn die Blockbildung an der Spitze der Demo wegen der massiven Polizeipräsenz und den strengen Auflagen schwierig war, schlug sich diese Mobilisierung einerseits gut sichtbar im mehrheitlich schwarzen Kleidungsstil und den vielen Antifa-, Antispe- und schwarzroten Flaggen nieder, wurde andererseits aber auch in Redebeiträgen und Parolen hörbar. So gab es einen Beitrag einer Antifa-Gruppe, der auf Nazis und rechte Tierfreunde aufmerksam machte, was auf der Demo durch Parolen wie „Alerta Antifaschista“ oder „Antispe und Antifa – zusammen sind wir unschlagbar“ bestärkte, dass es eine gemeinsame Front gegen Rechts gibt.

Ein anderer Redebeitrag stellte den Kampf gegen den Kapitalismus als notwendig für die Tierbefreiungsbewegung heraus, weil diesem System die Verwertung von Mensch, Tier und Natur innewohne, und nur ein systemüberwindender Kampf erfolgreich Tiere befreien könne. Vor allem diese Forderung fand sich in der Demo mit den immer wiederkehrenden Parolen „Menschen und Tiere sind kein Kapital“ und „A-, Anti-, Anticapitalista“ breite Unterstützung. Auf der Demo waren keinerlei als sexistisch oder rassistisch/antisemitisch kritisierten Organisationen wie Peta oder das Universelle Leben vertreten.
Der Demonstrationszug marschierte über mehrere Stunden durch die Stadt und belagerte für jeweils kurze Zeit die anliegenden pelzverkaufenden Kaufhäuser und Pelzgeschäfte, aber auch Burger King, McDonalds, Metzgereien und Lederwarengeschäfte. Durch kurze Beiträge, die in regelmäßigen Abständen und bei der Abschlusskundgebung vom Lautsprecherwagen erklangen, wurden die TeilnehmerInnen über den aktuellen Stand der seit 2001 existierenden und relativ erfolgreichen Offensive gegen die Pelzindustrie informiert. So wurde etwa auf den Pelzapplikationsverkauf von Galeria Kaufhof eingegangen – der Warenhausbetreiber hatte jeweils in den Jahren 2005 und 2010 ein Ende seines Pelzhandels versprochen, war 2011 allerdings erneut mit Pelzapplikationen aufgewartet. Die Polizei, die mit mehreren Dutzend Kastenwägen angereist war, schützte die Geschäfte mit Gittern und teilweise mit Schildern. Dennoch blieb die Demo weitgehend friedlich, es wurde kein Farbbeutel geworfen und es ging unseres Wissens nach auch keine einzige Scheibe zu Bruch.

Vor und nach der Demonstration bestand die Möglichkeit, verschiedene Info- und Verkaufsstände von Tierbefreiungsgruppen, Veganversänden und ähnlichen Gruppen zu besuchen, wie der Tierrechtsinitiative Rhein-Main (TIRM), Roots of Compassion (ROC) und der Kreaktivisten.
Im seit 1983 besetzten Haus AU in Rödelheim fand dann die Afterparty mit einer drei Gerichte umfassenden Volxküche und drei Musikern aus der Tierbefreiungsbewegung statt. Erst trat der Rapper Albino auf, der in seinen Texten außer Antispeziesismus viele weitere linkspolitischen Themen behandelt; er stellte sein neues Album vor. Sein in einem Flyer, der auf der Demo umherging, kritisiertes Lied gegen Antideutsche, „Falsches Spiel“, fand beim Publikum, mit Ausnahme eines Gasts, der unter „Zionismus“-Grölen den Raum verließ, viel Zuspruch. Der Liedermacher Faulenza unterhielt das Publikum mit seinen lustigen und emotionalen Liedern über Themen wie Mäuse, welche Häuser besetzen, Veganismus oder freie Liebe – seine Musik kann unter „faulenza.blogsport.de“ kostenlos heruntergeladen werden. Er gab schließlich einige Lieder in der ungewöhnlichen Kombi mit Albino zum Besten, wo dieser auf seine Gitarrenakkorde rappte. Schließlich brachte Trashedy das Publikum mit seiner lauten Elektro-Punk-Rock‘n'Roll-Mischung zum Tanzen.

Bild: Trashedy in Aktion
Eine der Aufrufenden zum TLBB, die VAS, bewertete die Demo in einem Artikel auf linksunten.indymedia heute insgesamt positiv, auch wenn Enttäuschung über die versuchte und offenbar wenig gelungene Verknüpfung von Antifa- mit Antispe-Strukturen zu bemerken ist: „Offenbar scheint in der Tierrechtsszene auch ein geringes Interesse an einer solcher Verknüpfung zu bestehen“. Dass mit 600 TeilnehmerInnen die Demo im Vergleich zum Vorjahr (mit damals 1000 TeilnehmerInnen) relativ schwach besucht war, erklärt sich die VAS hauptsächlich so:
1) Durch die groß beworbene Demonstration in der Woche davor (M31) – auch in Frankfurt – mit ca. 6000 Teilnehmer_Innen, die durch die vielen Festnahmen, wie auch die gewaltsamen Ausschreitungen auf sich aufmerksam machen konnte, waren viele Aktivist_Innen wohl nicht motiviert eine Woche später noch einmal sich auf den, für viele z.T. weiten Weg nach Frankfurt zu machen. 2) Darüber hinaus haben die Oster-Feiertage, der gleichzeitig stattfindende Protest gegen den Naziaufmarsch in Stolberg und das vorausgesagte schlechte Wetter wohl nicht zum Erfolg der Demo beigetragen.